Beatles: Reimagined
Konzipieren, Arrangieren, Produzieren und Performen für ein Großensemble mit Big Band, Streichorchester, Vokalist_innen und Solist_innen unter der Leitung eines international renommierten Künstlers: Diese Gelegenheit nutzten im Studienjahr 2018/2019 Studierende des Instituts für Popularmusik der mdw.
Am Anfang stand, wie so oft, der Zufall. Bei einem Jeff-Buckley-Tribute im Jahr 2012 stand ein gewisser Steve Sidwell am Pult des niederländischen Metropole Orkest und dirigierte Arrangements aus der Feder von Gerd Hermann Ortler, Lehrender am Institut für Popularmusik der mdw. Man lernte einander kennen und schätzen, und schnell war klar: Als international renommierter und höchst erfolgreicher Komponist, Arrangeur, Produzent und Dirigent war Steve Sidwell wie geschaffen für eine Zusammenarbeit mit dem Institut.
Die Liste seiner musikalischen Leistungen und Kollaborationen ist scheinbar endlos – neben dem Gewinn eines Grammys in der Kategorie „Best Musical Theatre Album“ für das Carole-King-Musical Beautiful arrangierte er für Stars wie Shirley Bassey und Robbie Williams, war musikalischer Leiter der Abschlusszeremonie der Olympischen Sommerspiele in London 2012 und koproduzierte die Musik des Queen-Kinofilms Bohemian Rhapsody.
„In der Musikindustrie lernst du viele Leute kennen – und du nützt jede Gelegenheit, öfter mit Menschen zusammenzuarbeiten, die dich inspirieren und mit denen du harmonierst“, beschreibt Steve Sidwell seine Beweggründe für die Zusage zum Projekt Beatles: Reimagined. „Es ist spannend, die Studierenden kennenzulernen und mit ihnen zu arbeiten. Aber genauso wichtig war mir der Kontakt zu Gerd. Ich lerne von ihm genauso, wie ich von den Studierenden lerne – und sie hoffentlich auch von mir.“
Zusätzlich zur musikalischen und künstlerischen Expertise stellte die Zusammenarbeit mit Steve Sidwell für die Studierenden eine Chance dar, den konkreten Arbeitsprozess im Business der Unterhaltungsmusik kennenzulernen. Das Projekt bot die Möglichkeit, alle Erfordernisse von der ersten Arrangement-Idee bis zum Applaus nach dem letzten Ton der Aufführung hautnah zu erfahren. In enger Zusammenarbeit arrangierten die Studierenden in Kleingruppen bekannte Songs und versteckte Perlen aus dem Beatles-Repertoire für Big Band und Streicher, und zwar jeweils maßgeschneidert für einen „performing artist“ – ganz so, wie das bei einer Auftragsarbeit der Fall wäre. Dabei hatten sie die Möglichkeit, Instrumental- und Effektspuren sowie Clicktracks für die Aufführung vorzuproduzieren.
„Du schreibst und arrangierst, und dein Stück funktioniert wirklich gut und die Tonart passt – und dann triffst du die Künstlerin bzw. den Künstler und musst einsehen: Sie oder er wird das so nicht singen können. Du musst die Tonart wechseln. Und plötzlich passen deine Stimmführungen nicht mehr, und die Dynamik verändert sich …“, so beschreibt Steve Sidwell im Gespräch das tägliche Geschäft als Arrangeur für Sänger_innen, wie zum Beispiel als musikalischer Direktor der ersten beiden Staffeln von The Voice UK der BBC. „Ich versuche, eine realistische Situation für die Studierenden zu simulieren.“
Den eigenen kreativen Prozess im Arbeitsalltag gezielt und ökonomisch vorteilhaft nützen zu können – das bezeichnet Steve Sidwell als eine seiner wichtigsten Botschaften: „Es ist ein hartes Geschäft. Wir lernen in unserer Ausbildung, gut zu spielen oder gut zu komponieren und zu arrangieren; aber es ist wieder etwas anderes, diese Skills in der echten Welt umzusetzen. Wenn du mit wenig Geld auskommst oder reiche Eltern oder Sponsoren hast, ist das noch halb so wild: Dann kannst du dich kreativ verwirklichen. Aber wenn du Karriere machen möchtest, wenn du eine Familie ernähren möchtest, dann musst du die Fähigkeit entwickeln, zur Zufriedenheit anderer Leute zu arbeiten. Das ist eine Kunst für sich.“
Einen spannenden Aspekt des Projektes stellte die Arbeit in Kleingruppen dar. Komponieren, Arrangieren und Produzieren sind Tätigkeiten, die gerade Studierende häufig allein in Angriff nehmen – im späteren Arbeitsleben ist das Einzelkämpfer_innentum jedoch eher selten anzutreffen. So konnten die Teilnehmer_innen als wertvolle Erfahrung erleben wie es sich anfühlt, der eigenen Kreativität ein Quäntchen Kompromissbereitschaft beizumengen – immer mit dem gemeinsamen Ziel vor Augen.
Den Abschluss der hochkarätigen Kooperation bildete das Konzert unter dem Titel CUBE: Beatles neu interpretiert am 21. Mai 2019, 19.30 Uhr im MuTh, dem Konzertsaal der Wiener Sängerknaben in Wien.
Der Videomitschnitt des gesamten Konzertes ist online nachzusehen/hören unter: https://mediathek.mdw.ac.at/cube-beatles-reimagined
(Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Autor Christian Kalchhauser, erstmalig erschienen im mdw-Magazin in Ausgabe 2/2019)
Die Abkürzung CUBE steht für “Contemporary Urban Beats Ensemble” – eine Plattform, die Studierenden die Möglichkeit bietet, institutsübergreifend miteinander zu musizieren, aber auch zu komponieren, zu arrangieren und zu produzieren.
Künstlerischer Leiter, Dirigent: Steve Sidwell
http://stevesidwell.co.uk
Unterstützt von und in Kooperation (Projektleitung, Arrangements, Organisation) mit den Lehrveranstaltungsleitern Gerd Hermann Ortler und Herbert Pichler (ipop).
Die Studierende haben vier Gruppen gebildet: „Paul“, „George“, „John“ und „Ringo“. Jede Gruppe bestand aus Arrangeuren, Producern und Performing Artists, die ausgesuchte Beatles-Songs für das Konzert vorbereitet, einstudiert und performt haben.
Programm & Besetzung
„PAUL“
Norwegian Wood – Gesang: Ursi Wögerer, Julian Kranner; Arrangement: Philipp Gruber, Felix Reischl, Hans Peter Kirbisser
Strawberry Fields Forever – Gesang: Ursi Wögerer, Julian Kranner; Arrangement: Benjamin Nyamandi
Glass Onion – Gesang: Julian Kranner; Arrangement: Sebastian Schneider
Maybe I’m Amazed – Gesang: Ursi Wögerer; Arrangement: Alex Brosch
Day Tripper – Gesang: Ursi Wögerer, Julian Kranner; Arrangement: Sebastian Schneider
Paperback Writer – Arrangement: Philipp Gruber
„GEORGE“
While My Guitar Gently Weeps – Gesang: Christina Fuxjäger; Arrangement: Gavin Wiyanto
Ticket To Ride – Gesang: Christina Fuxjäger; Arrangement: Christian Schuller
Blackbird – Gesang: Christina Fuxjäger, Martin Zerza; Arrangement: Peter Janisch
Come Together – Gesang: Christian Fuxjäger; Arrangement: Florin Gorgos
And I Love Her – Gesang: Martin Zerza; Arrangement: Markus Schwarz, Thorsten Seidl
We Can Work It Out – Gesang: Christina Fuxjäger; Arrangement: Christina Fuxjäger
„JOHN“
Here Comes The Sun – Arrangement: Tobias Flock
Lady Madonna – Gesang: Julian Kranner; Arrangement: Laura Valbuena, Felix Biller
Long, Long, Long – Gesang: Larissa Schwärzler; Arrangement: Larissa Schwärzler
Something – Gesang: Larissa Schwärzler; Arrangement: Andreas Hoppe
Get Back – Gesang: Simon Xaver; Arrangement: Leonhard Schödl
„RINGO“
I Want You (She’s So Heavy) – Gesang: Veronika Sterrer; Arrangement: Gidi Kalchhauser
Martha, My Dear – Arrangement: Martin Listabarth
Obladi, Oblada ¬– Gesang: Julian Kranner; Arrangement: Anna Maurer
Golden Slumbers – Veronika Sterrer; Arrangement: Veronika Sterrer
Eleanor Rigby – Gesang: Caroline Loibersbeck; Arrangement: Caroline Loibersbeck
Don’t Let Me Down – Gesang: Angelika Zach; Arrangement: Marko Arich
Back In The USSR – Gábor Auguszt; Arrangement: Gergely Ösze
Fotos: mdw
Link zur Kollektion 2020